Was hält Sie nachts wach?
MICHAEL VON FOERSTER: Zu den Fragen, die mich beschäftigen gehören: Gehe ich gut mit meinen Mitarbeitern um? Kommuniziere ich genug? Gebe ich Ihnen die richtige Richtung vor? Ist für sie klar wie und an was sie arbeiten müssen? Kennen und verstehen sie meine Erwartungen? Wie führe ich ein Team so, dass alle untereinander gut klarkommen und wir an einem Strang ziehen? Fühlen sich die Mitarbeiter trotz meiner Vorgesetztenstellung wohl und können sie mit einem Problem zu mir kommen? Mein Wunsch ist, damit eine Vertrauenskultur zu schaffen.
Von welchem Unternehmen können Sie am meisten für Ihre Zukunft lernen und warum?
Wir können von den Start-ups, den lockereren Umgang miteinander lernen, dass die Kommunikation nicht mehr so hierarchisch läuft – mehr über Inhalte, als über Funktionen. Das macht Sinn und entwickelt Unternehmen weiter. Aber wir dürfen nicht auf die Philosophie von Unternehmen verzichten, auf Leitbilder. Gerade im Mittelstand und familiengeführten Unternehmen geht es um das Unternehmen, um den Wert des Unternehmens und nicht nur um die Idee des Shareholder Values. Lernen kann man von beiden. Aber ich glaube, was Unternehmenskultur und Nachhaltigkeit in Bezug auf die Fürsorge für Mitarbeiter angeht, kann die sogenannte Old Economy heute noch sehr viel an Ideen bieten.
Wie lang beziehungsweise kurzfristig betrachten und beurteilen Sie Ihre Zukunft?
Es gibt Zukunftsentscheidungen, die werden in einem Vierteljahr virulent. Es gibt aber auch politische Zeitspannen, wie zum Beispiel Legislaturperioden, die gestaltet werden müssen; hier sprechen wir von vier Jahren. Schauen wir uns die Herausforderungen internationaler Zusammenarbeit an, da kann es schon sein, dass man versuchen muss die Entwicklungen der nächsten fünf, sieben, ja sogar zehn Jahre vorherzusehen.
Wie werden sich die Bedürfnisse und Wünsche Ihrer Kunden in der Zukunft ändern und wie beschäftigen Sie sich damit?
Es gibt da eine spannende Wette, die Philip Morris angeschoben hat. Die haben gesagt, die Zigarette ist tot. Es lebe die E-Zigarette! Sie gehen mit einem neuen Geschäftsmodell in ein altes Geschäft. Was sie tun ist sehr klar, strategisch und konsequent. Die Zigarettenproduktion haben sie nicht eingestellt, die Wette muss ja auch finanziert werden. Aber in der Öffentlichkeit, wird aus marketing-technischer Sicht die Zigarette abmoderiert, um hierdurch mit dem neuen Produkt in die Schlagzeilen zu kommen. Hier wird über politische Statements das neue Produkt platziert, was wiederum durch die Stärke der Marktführerschaft erfolgen kann. Die Herausforderung ist für uns, wie wir uns gegenüber der Neuentwicklung, der Digitalisierung des Rauchens aufstellen. Wir sind und bleiben, wenn wir die Genussmittel nehmen, analog. Ich kann mir eine Pfeife oder ähnliches nicht als E-Pfeife vorstellen. Wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir uns vom neuen Produkt differenzieren. Im Umfeld der Digitalisierung der Zigarette, also der E-Zigarette, stehen die Konzerne mit viel Macht und Geld da, um dieses Produkt in den Markt zu drücken. Da muss man sich als Unternehmen die Frage stellen, wie man sich dagegen kommunikativ aufstellt und wie man überlebt.
Wie wird sich Ihre Branche in der Zukunft weiter entwickeln beziehungsweise verändern?
Das hängt alles von der Wette um die Zigarette ab. Ich sehe im privaten Bekanntenkreis, dass der ein oder andere auf die neuen Produktangebote – zumindest probeweise – umsteigt. Letztlich muss man jedoch unterscheiden zwischen der (Industrie-)Zigarette und den Genussmitteln wie Pfeifentabak, Zigarre und Zigarillo und einer genussvoll selbstgedrehten Zigarette. Nichtraucher werden meines Erachtens nicht mit dem Dampfen von E-Zigaretten beginnen. Es ist vielmehr ein Produkt, um den Weg zu finden, von der Zigarette loszukommen. Der Großteil unserer Mitglieder stellt dagegen Genussmittel her. Da werden Zigarren tatsächlich noch handgerollt, das sind typische Luxusgenussmittel. Die Entwicklung ist ähnlich wie bei Whiskey, Rum oder Gin. Da gibt es auch Neu-Kunden, die später beginnen genussvoll ab und an zu rauchen. Es wird häufig von Produktregulierung gesprochen aber eigentlich geht es um Marktregulierung. Die, die Regulierung betreiben, kommen eher aus der Ecke der Gesundheit und wollen die Welt rauchfrei haben. Die Regulierung bewirkt, dass eine Monopolisierung auf wenig Marktteilnehmer stattfindet, aber deswegen hört das Rauchen nicht auf. Man könnte auf der einen Seite sagen, damit haben wir wenigstens etwas erreicht, aber auf der anderen Seite haben sie dann nur starke Unternehmen und Konzerne, die trotzdem sagen, die Welt wird nicht rauchfrei sein. Ob man das befürwortet mit der Regulierung oder nicht ist eine Frage. Aber ob man es gut findet, eine Kultur zu zerstören, ist eine andere.
Was bedeutet für Sie Erfolg heute und was glauben Sie, wird sich in der Zukunft an den Bestandteilen von Erfolg verändern?
Erfolg kann manchmal ganz banal sein, allein schon die Tatsache, dass ich morgens zufrieden und glücklich ins Büro gehen kann. Zentral für mich jedoch ist, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Erfolg ist aber auch, wenn man das Gefühl hat, dass das, was man aufgebaut hat, in gute Bahnen läuft. Ob wir verbandspolitisch erfolgreich sind, gehört natürlich auch dazu. Unseren verbandspolitischen Erfolg würde ich nach unserer Wirkung auf die gesellschaftliche Diskussion rund um das Genuss-Rauchen messen.
Welche drei Eigenschaften sind Ihnen am wichtigsten bei Mitarbeitern die für Sie arbeiten beziehungsweise Sie rekrutieren?
Spaß am Erfolg. Meinungsstärke. Eigene Persönlichkeit. Ich muss das Gefühl haben, vor mir sitzt ein Typ, ein Charakter, der auch Kanten und Ecken hat, also ein Mensch, der sich auch mal als Querdenker zeigt.
Was war einer Ihrer größten Fehler in der Vergangenheit und wie haben Sie daraus gelernt beziehungsweise Ihr Handeln verändert?
Es gibt immer mal wieder Phasen, wo man über Entscheidungen eine Nacht schlafen sollte. Am Anfang meines Berufslebens habe ich oft gleich reagiert. Das sind so Dinge, die muss man mit der Zeit lernen. Dass man Dinge auch mal hinnehmen muss und die Entscheidung später treffen kann.
Wie würde Ihr (innovatives) Bild des Unternehmens der Zukunft aussehen?
Jede Arbeitswelt hat in ihrer jeweiligen Zeit, auch durch die jeweilige Entwicklung der Gesellschaft individuelle Spezifika. Davon abhängig ist auch, ob der Einzelne lieber in klaren oder fließenden Strukturen arbeitet und eine kleine oder große Organisation bevorzugt. Deswegen weiß ich nicht, ob es wirklich so ein allgemeines Idealbild gibt. Vielmehr wird es eher von der jeweiligen Persönlichkeit des einzelnen abhängen, was für ihn den idealen Arbeitsplatz ausmacht. Es hängt am Ende von der gesellschaftlichen Entwicklung ab, wie das Unternehmen der Zukunft tatsächlich aussieht. Und dazu habe ich selbst noch kein klares Bild. Das Wichtige ist immer, das Kommunikation gegeben ist und funktioniert. Und dabei ist entscheidend, dass der einzelne Mitarbeiter mit seinen Bedürfnissen akzeptiert und geachtet wird.